September 6, 2018 by diana

Menla News 5 – Ein Tanz ohne Fläche

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Jakob Böhme: Ein Tanz ohne Fläche

 

Ganz für sich
wollte sie sein,
die scheue Jungfrau.
Allein gehen,
allein tanzen,
allein spielen.
Und nach vielen
Millionen von Jahren
war sie es auch
geworden:
Einsamkeit!
Sie war
ein Spiel ohne Spieler,
ein Tanz ohne Fläche,
ein Gang ohne Boden.
Sie war nur
Wollen.
Sie hatte sich
vermehrt,
doch überall
war sie
die gleiche geblieben.
Das Wollen,
welches nur will.
und darum
Begierde hiess.

 

Liebe Freunde und Schüler, 

Wir stecken mitten in der Weihnachtszeit und etwas hat mich sehr berührt, nämlich dieser wundervolle Text von Jakob Böhme, der ein Schuster war, ohne besondere Schulbildung, aber einen unglaublich tiefen Einblick in die Zeitlosigkeit des Geistes hatte. Er war wie Jesus sagte: „Eines von diesen Kindern Gottes, für die das Tor des Himmels sich öffnete und die mit dem Segen der Zeitlosigkeit beschenkt wurden“.

Ja, ich bin von ihm entzückt, seine Gedichte sind voller Pracht, Segen und Schönheit. Selten habe ich solche Texte gelesen, die zwar einfach, aber gleichzeitig so tief berührend sind. Jakob Böhme war kein Gelehrter, Pharisäer, Exeget oder gebildeter Professor, aber das Licht des Ungeborenen Geist Gottes scheint durch seine Schrift.

Ich pflege immer zu sagen, dass Heilige Schriften auf drei Ebenen zu verstehen sind. Aber die von Jakob Böhme sind nur auf einer und zwar der mystischen Ebene zu verschlingen.

Lasst uns diesen Text zusammen lesen und versuchen, seine Tiefe zu ergründen: 

Ganz für sich wollte sie sein, die scheue Jungfrau. 

Die scheue Jungfrau ist die Liebe Gottes, die sich zu ihrer eigenen Freude befruchtet. Das ist die Parthenogenese des Geist Gottes, der Big Bang, die Implosion, das Wort, das zum Licht wurde und den kosmischen Corpus Jesus entstehen liess. Jesus sollte in diesem Zusammenhang als die Gesamtheit der Manifestation empfunden werden, so wie Adam es war, daher die biblische Auslegung, dass Jesus der zweite Adam war, bzw. auf die Erde kam, um die Ur-Sünde der Ich-Haftigkeit (Garten Eden) zu bereinigen. Das individualisiert Jesus durch seine Genealogie, so wie den Zeitpunkt seiner Geburt, diese sind aus der Sicht eines Betrachters zu verstehen bzw. aus einer religiösen Sicht. 

Allein gehen, allein tanzen, allein spielen. 

Die Betonung auf das „allein“ deutet daraufhin, dass der Spiegel Gottes die Phänomene auf unermüdliche Weise in sich reflektiert und von niemandem weder befruchtet noch beeinflusst werden kann. Das „Allein“ deutet auf das Alles im Einen hin… die schöpferische Kraft Gottes hinterlässt keine Spuren und begegnet sich selber in allen Bildern, die sich in ihren Augen reflektieren. 

Und nach vielen Millionen von Jahren war sie es auch geworden: Einsamkeit!

Zeit und Einsamkeit deuten nicht auf den Schöpfer und seine Kreaturen hin, sondern dienen nur dazu, die Eigenständigkeit Gottes und der Erscheinungen zu beschreiben. Gott ist EIN und die Parthenogenese seiner zeitlosen Wesenheit ändert an seiner Einsamkeit nichts. 

Sie war ein Spiel ohne Spieler, ein Tanz ohne Fläche, ein Gang ohne Boden.

Oh wie wundervoll beschrieben, Spieler, Spiel und Handlungen sind eins so wie Subjekt, Objekt und Taten und Himmel, Wolken und Regen.

Sie war nur Wollen. Sie hatte sich vermehrt, doch überall war sie die gleiche geblieben.

Die Vollendende Weisheit Gottes ist die Kraft des Wollens, die die Phänomene entstehen lässt und wieder verschlingt. Der Regisseur ist immer derselbe und der Ozean nicht von den Wellen zu trennen, daher die Betonung auf: War sie die gleiche geblieben. 

Das Wollen, welches nur will. und darum Begierde hiess.

Von den vier unermesslichen Qualitäten des Ungeborenen Geist Gottes ist Glückseligkeit die Krönung und gleichzeitig die Kraft, die die Parthenogenese begleitet. Diese Kraft wird als Implosion oder als kosmischer Orgasmus erfasst, die sich im menschliches Sein als Begierde, Leidenschaft und bedingte Freude durch die Ich-Haftigkeit offenbart. 

Wenn Gott weder Wille noch Begierde für sich selber hätte, wäre nichts entstanden.

Und sie versuchte,
aus ihrer Enge
zu entfliehen.
Aber sie fand
keinen Ausweg.
Denn das Sein
ohne Leben
war nur eng. 

 

Und sie versuchte, aus ihrer Enge zu entfliehen.

Das Entfliehen ist dem Auslöschen der Phänomenen gleich. So wie die Wellen entstehen und vergehen, erscheinen die Bilder gleichzeitig zusammen, sind untereinander energetisch verflochten und bedingen sich gegenseitig. Sie erscheinen als beständig und verwandeln sich nur aus der Sicht eines Betrachters ununterbrochen, obwohl aus der Sicht der Erleuchtung keine Verwandlungen geschehen sind, daher der folgende Text: 

Aber sie fand keinen Ausweg.

Die schöpferische Kraft des Geist Gottes kann nur vom Standpunkt eines Betrachters her als veränderlich erscheinen. Das Zusammenfügen des zeitlosen Geist Gottes mit den 5 Elementen lässt das individuelle Bewusstsein mit einem sogenannten freien Willen entstehen. Der freie Wille ist die Sehnsucht, die jeder Mensch in seinem Herzen trägt, ein Sehnen nach Befreiung aus der Knechtschaft der Erinnerungen.

Denn das Sein ohne Leben war nur eng. 

Der zeitlose Geist Gottes kann sich seiner nur in der Manifestation gewahr werden. Gott versteckt sich in allem und im tiefen Schlaf der Nacht, durch das Auslöschen des „Ich-Bin dieser Körper, diese Gedanken und Gefühle“, blüht seine Präsenz wieder auf. 

Ohne Leben, ohne Parthenogenese (Jungfernzeugung oder Jungferngeburt) wäre es eng und vor allem trostlos und ohne Bedeutung gewesen und die Leerheit wäre zu einer Nichtheit geworden.

Es ist sehr schwierig, sich aus der Knetschaft der Konditionierung zu lösen. Als Christen sind wir überzeugt, eine individuelle Seele und sogar einen freien Willen zu besitzen, der uns von Gott geschenkt wurde. Das nächste Hindernis ist dieses Schuldgefühl, welches durch eine falsche Auslegung der Lehre Jesus vermittelt wurde und zwar schon von klein auf. Hinzu kommt die Behauptung, dass Jesus der einzige Weg sei und dass er sogar für unsere Sünden am Kreuz starb. Viele Christen tragen diesen Rucksack an Verzweiflungen auf sich und das tägliche Beichten schenkt weder Antworten noch wirkliche Erleichterung. 

Die Lehre Jesus Christus sollte ihre ursprüngliche Reinheit zurückgewinnen oder zumindest nicht ständig von Schuldgefühlen begleitet werden. Jesus als den einzigen Sohn Gottes aufzustellen, schliesst jegliche Offenheit aus und ist aus der Sicht der Mystik eine Verleumdung seiner Lehre. 

Wir sind alle, ohne Ausnahme, Gottes Söhne und Töchter und die unbegrenzte Liebe Gottes ist unser wahres Zuhause. Ich mag ganz besonders den Aphorismus über die Wellen und den Ozean. Wir sind kleine Wellen, entsprungen aus dem Ozean des zeitlosen Geist Gottes. Das Wasser, das uns formt, ist dasselbe für alle. Die Wellen mögen je nachdem etwas grösser oder kleiner sein, aber die Essenz und die Kraft, die diese Form entstehen lässt, die wir aufgrund der die Ich-Haftigkeit als MEIN bezeichnen, ist die Macht der Liebe und des Mitgefühls (Klarheit und Leerheit). 

Wir mögen zwar ein Zuhause haben bzw. ein Haus oder eine Wohnung, aber solange das zeitlose Potenzial Gottes nicht erblüht ist, sind wir heimatlos. Mein Leben wurde gesegnet durch die Begegnungen mit Menschen, die vollkommen und glücklich waren, obwohl sie nichts besassen. Das Antlitz Gottes schien durch ihre Poren und Augen und jedesmal wurde es mir bewusst, dass es das ist, wonach ich mich sehne…

Licht und Segen aus Assisi, Dezember 2017
Claude

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